Auf Wiedersehen auf Wolke 11
(Trauerrede vom 23. September 2021)

 

Meine Schwester und ich, wir freuen uns sehr, dass ihr alle gekommen seid.

Wer Bärbel kannte, weiß, dass sie sich keine steife Beerdigung gewünscht hätte, keine traurigen Reden, und schon gar keine traurigen Gesichter.

Ich weiß, das sagt sich so leicht. Aber wir können es ja mal versuchen. Wir atmen alle tief ein. Und auch wieder aus. Entspannt euch, auch wenn es stellenweise schwerfällt. Wenn ihr Lachen oder Weinen wollt, fühlt euch frei. Heute ist alles erlaubt. Ich habe mir vom lieben Gott seine ersten beiden Buchstaben geben lassen, sein Go.

„Liebe Gemeinde und liebe Gemeindinnen, die Predigt fällt heute leider aus, denn ich habe euch etwas zu sagen“.

So hätte vielleicht mein Vater begonnen, aber der sitzt längst auf Wolke 11 und schaut uns zu.

So war es ganz sicher ein Fingerzeig von Bärbel, dass sie genau elf Tage im Krankenhaus blieb, bevor sie starb. Elf Tage, die lang waren, die schmerzhaft waren, aber auch schön und manchmal sogar lustig.

Es war ihr zuletzt schwergefallen, zu sprechen und zu schlucken. Und als ich mit Hannah mittwochs bei ihr war, sagte ich zum Bärbelsche.

„Du Bärbel, du hast einen Wunsch frei“. Und sie lächelte und schaute mich an, mit großen Augen an und antwortete mir mit o .. a .. a .. und ich hätte schwören können, sie hat „Obstsalat“ gesagt.

Den hat sie immer gerne gemacht, den Obstsalat, überhaupt war sie ja eine gute Köchin. Aber mehr so aus der Lameng, Rezepte mit exakten Mengenangaben waren nicht so ihr Ding. Überhaupt machte sie vieles und sehr gerne aus der Lameng oder aus dem Bauch heraus. Und ausgerechnet sie heiratete einen Mann, der Checklisten liebte.

Rückblickend betrachtet, war es schon ein lustiges Pärchen. Bärbel und Herbert. Sie der kommunikative Wirbelwind, eine Frau, die schon die Lösung parat hatte, da kannte mein Vater noch nicht einmal das Problem. Sie extrovertiert, er introvertiert. Sie hilfsbereit fast bis zur Selbstaufgabe und er doch eher die Kategorie Morgenmuffel deluxe.

Ihr Headquarter war der Esszimmertisch An der Krimm 10a in Mainz-Gonsenheim mit nebenstehender Kommode, das war ihre Schaltzentrale, von hier aus steuerte sie das Imperium. Sie war Außen- und Innenministerin, zudem zuständig für die Ressorts Kommunikation, Familie, Ernährung, Gesundheit und Soziales. Ihr wichtigstes Instrument: das Telefon. Und alle wussten, der Weg zum Herbert führte über Bärbel.

All das geht einem so durch den Kopf, wenn man an sie denkt.

Elf Tage lag sie im Krankenhaus und es war für uns alle in der Familie eine große Chance, sich zu verabschieden, mit ihr, von ihr, neben ihr, in Erinnerungen zu schwelgen. Gemeinsam Lieder mit ihr zu hören. Vielen Dank auch an Eva und Julia für euren wunderbaren Einsatz. An Harald für deine Unterstützung. Vielen Dank an Uwe und Silke, es war so schön, dass ihr die Chance hattet, euch zu verabschieden und da zu sein. Vielen Dank an Hannah, dass du aus der Nähe, und Lukas, aus der Ferne, mir mit wirklich klugen Ratschlägen geholfen habt. Und natürlich an Bine, meine Frau, die all die Schlager mit Barberina gesungen hat, die sie so gerne hörte.

Die letzten Tage, bevor Bärbel starb, waren meine Schwester und ich mitunter stundenlang zusammen bei ihr und das war auch deswegen schön, weil es so selten geworden war. Wir drei inzwischen „die Alten“ in der Familie zusammen. Und trotz all der Umstände, die in einem Krankenhaus alles andere als schön sind, wirkte Bärbel entspannt. Fast glücklich, weil es Ulrike und mir so schien, dass sie nun endlich ihren Frieden gefunden hat. Sie war auf dem Weg loszulassen.

Gut, sie war schon immer stur. Und das Loslassen dauerte. Wie Ulrike so treffend feststellte, wie früher, wenn de Babba etwa nach der unterhaus-Vorstellung nach Hause wollte und Bärbelschen noch hier plauderte und da plauderte. Und so wurden es elf Tage. Aber es war gut so.

Obwohl oder gerade weil die Krankheit Alzheimer, die sie hatte, so gemein ist. Sie raubte Bärbel in den letzten Jahren etwas sehr Kostbares – ihre Erinnerungen. Wie die Körnchen in einer Sanduhr flossen sie dahin, nur dass man die Sanduhr bei ihr nicht mehr umdrehen konnte.

Diese perfide Krankheit raubte auch den Angehörigen etwas sehr Kostbares, wenn man nicht aufpasste: die schönen Erinnerungen und das hatten wir in ihren letzten Tagen wiederentdeckt. Es war wahrscheinlich ein Geschenk von ihr – an uns. Es war kein Tag zu viel und keiner zu wenig.

Vier Jahre war Bärbel zuletzt im Bilhildis und wir danken allen Pflegerinnen und Pflegern für ihren tollen Job. Das ist unfassbar, was diese Menschen leisten, jeden Tag. Mitunter 24 Stunden auf Demenzkranke aufzupassen, ihnen Halt und Struktur zu geben, sie zu waschen und zu pflegen. Und dafür dann auch noch mitunter wenig Dank zu ernten. Mal abgesehen vom Lohn. Und weil diese Krankheit so gemein ist, fällt es einem selbst manchmal so schwer in den Wirrnissen, in denen sich auch Bärbel befand, die schönen Zeiten nicht zu vergessen.

Manchmal war sie im Pflegeheim aggressiv und verletzend – ein Ausdruck der Verzweiflung, der Hilflosigkeit, die sie sehr wohl selbst spürte, denn sie hatte immer eine extrem hohe Empathie. Sie war ein lebender Seismograph, sie spürte jede noch so kleine Gefühlserschütterung, selbst das kleinste Gedankenflattern. Wenn meine Schwester und ich ein Problem hatten, sah sie uns das schon an der Nasenspitze an, wenn wir in der Tür standen. Dann wurde Bärbel zu Sherlock Holmes und Dr. Watson in einer Person: sie kombinierte, fragte nach, sie hakte nach, sie bohrte und wuhlte und suchte und mutmaßte – und irgendwann gab man erschöpft nach. Viele von euch werden es vielleicht selbst so erlebt haben. Diese faszinierende Frau, die so gewinnend sein konnte, die hatte eine unerschütterliche Beharrlichkeit.

Wenn wir an Bärbel denken, kommen bei meiner Schwester und mir und sicher bei euch allen ganz viele Erinnerungen hoch:

Sie liebte Elefanten über alles. Trug gerne schicke Schals, breite Gürtel über der Bluse, zu Hausschuhen sagte sie Puschen. Wenn sie früher mit Herbert Fernseh schaute, und sie schauten viel fern, dann strickte sie und Herbert löste Denksportaufgaben. Und wenn ein Spielfilm lief, dann rätselten sie:

„Ist das nicht die Stimme vom Derrick?“ – „Nein, da spricht doch der Columbo“. – „Ist der nicht schon tot?“ – „Wer? Der Columbo?“ – „Nein der Sprecher.“ – „Wie hieß der bloß noch?“

So ging das in einer Tour. Die Handlung rückte dabei mehr und mehr in den Hintergrund.

Auch das Autofahren war eine besondere Passion von Bärbel. Sie nahm aktiv am Geschehen teil. „Jetzt fahr doch mal, grüner wird’s nicht“. – „Also blinken tut ja heute auch keiner mehr“. Und sie kreierte insbesondere bei gewissen technischen Errungenschaften eigene Wortschöpfungen. Den Scheibenwischer nannte sie immer das Rüber-Nüber-Ding.

Mein Vater hielt sich beim Autofahren deutlich zurück und sehr gerne mit beiden Händen am oberen Halte-Griff über der Tür fest und verfiel in eine Art Schockstarre. Er meldete sich nur zu Wort, wenn seine geografischen Kenntnisse gefordert wurden. Er war schon lange vor der Erfindung des Navis eine Art TomTom mit Künstlicher Intelligenz. „Vorne links abbiegen“, sagte er. „Nein, ich meine das andere Links“.

Überhaupt hatte sie eine sehr – sagen wir mal – direkte Art. Höfliche Zurückhaltung war nicht unbedingt ihre Stärke. Sie sagte jedem, aber auch wirklich jedem, völlig unverblümt die Meinung, sofern sie es für notwendig erachtete. Wenn bei offiziellen Anlässen einer zu lange redete, dachten alle: „Mein Gott, warum redete der so lange.“ Bärbelschen rief dann laut und deutlich in den Saal: „Jetzt kommt doch mal langsam zum Schluss.“ Und alle drehten sich entsetzt um. Ja, für den diplomatischen Dienst wäre sie nicht unbedingt geeignet gewesen. Dann schon eher als Sozialdezernentin.

Denn Bärbels Herz war groß, so groß wie der Bodensee. Unfassbar wie viele Freunde und Freundinnen ihre Sorgen mit ihr geteilt, ihr eigenes Herz bei ihr ausgeschüttet haben. Sie war ein Kümmerling, sagte sie oft selbst von sich. Eine, die sich kümmert. Helfersyndrom nannte es mein Vater. Und es ging viel hinein in den Bodensee. Sie schien die Problemkinder dieser Welt anzuziehen wie ein Magnet. Manche waren nur auf der Durchreise, andere wurden Dauergast.

Aber auch ein See tritt mal über die Ufer, wird wild und aufschäumend, kann sogar gefährlich werden. Mein Rat posthum: Wer ein Herz hat so groß wie der Bodensee mit dem sollte man nicht in Streit geraten. Auch das war Bärbel. Sie erspürte Wunden, die man selbst schon vergessen hatte, und legte auch mal mit einer gewissen Wonne ihre Finger hinein.

Wen sie aber in ihr Herz geschlossen hatte, mit dem konnte sie sich genauso schnell wieder versöhnen.

Wer ein Herz hat so groß wie der Bodensee, der hat auch Untiefen, Höhlen, Verborgenes. In einer dieser Höhlen versteckte sich eine bipolare Störung, die gelegentlich an die Oberfläche kam. Bärbel war dann manisch-depressiv. In der Manie konnte sie Berge versetzen, Goliath war ein Zwerg neben ihr. In der Depression war sie ein Däumling, eine winzig-kleine, graue Maus. Sie fühlte sich an allem Schuld und unternahm mehrere Suizidversuche.

Aber ich will heute gar nicht so viel über ihre manisch-depressiven Phasen reden, es waren schwierige Zeiten, und wir fanden als Familie auch dank medizinischer Unterstützung und vieler Freunde und Freundinnen immer einen Weg hinaus.

Mir fällt in diesem Zusammenhang Willy Sickinger ein, unser erster Hausarzt. Hausärzte hatten ohnehin bei uns in der Familie immer eine große Bedeutung. Willy Sickingers Nachfolger war Rainer Rosskopf. Mit ihm und Heidi hatten meine Eltern eine ganz besondere Verbindung. Wir haben sie heute noch.

Doch kurz zurück zu Willy Sickinger. Manche kennen ihnen vielleicht noch. Wenn bei uns einer krank war, machte Willy Hausbesuche. Und er hatte immer eine treffgenaue Diagnose parat – und genau zwei Allzweckwaffen: Retterspitz innerlich und Retterspitz äußerlich. In 90 Prozent der Fälle reichte das aus. Und er hatte eine Vorliebe für Schach, was mich faszinierte und deswegen achtete ich immer darauf, dass ich in der Nähe blieb, wenn er kam.

„Also Herbert, dreimal am Tag Umschläg mit Retterspitz, nächst Woche isses wieder gut. Aber bass mal uff…“ dann nahm er sich das Schachbrett und zeigte meinem Vater eine Partie von Bobby Fischer oder Anatoli Karpow.

Als ich jetzt in den elf Tagen beim Bärbelschen am Krankenbett saß, sind mir einige dieser Szenen wieder eingefallen. Einmal war Willy Sickinger wieder bei uns zuhause und bevor er ging, nahm er das Schachbrett. Und sagte zu mir: „Wir haben im Schachclub neulich mal rückwärts gespielt. Also – vom Matt ausgehend versuchst du zu erschließen, wie der Zug davor war und wie es zu dem Matt kommen konnte.“

Er stellte die Figuren auf das Schachbrett.

„Siehst du: hier ist Weiß Matt in drei Zügen“. Dann stellte er die Figuren etwas um. „Und hier, ein Zug davor, da hätte Weiß sogar noch gewinnen können. Verrückt was.“

Und so kam es mir manchmal vor, wenn Bärbel ihre depressive Phase hatte, sie stand genau diesen einen Zug vor der unausweichlichen Mattstellung. Aber am Schluss hat Bärbel zum Glück doch immer mit Weiß gewonnen.

Natürlich fragt man sich, warum bekommt man so eine Krankheit? Genetische Disposition, Stress, Krisen – es kann viele Auslöser geben.

Vielleicht lag es schon in der Kindheit verborgen. Und es war beileibe keine leichte.

Hineingeboren mitten in die Wirren des Zweiten Weltkriegs. Ihr Vater, Wolfgang, war Opernsänger, ihre Mutter, Ursel, entstammte einer Kaufmannsfamilie. Geheiratet haben die beiden am 16. Juli 1939 in Berlin. Das erste Engagement hatte Wolfgang in Döbeln, Sachsen, da wurde Bärbelschen am 19. November geboren. Ein Vier-Monatskind, wer nachgerechnet hat. Von Döbeln führte ihn sein Auftrittskalender nach Reichenberg in Böhmen. Hier – nur elf Monate nach Bärbel – kam ihr Bruder Uwe auf die Welt.

Sie hatten es ganz schön eilig, wahrscheinlich ahnten sie, dass Zeit ein kostbares Gut wird. Ich will gar nicht zu sehr in die Details gehen, Uwe hat diese Jahre, ihre dramatische Flucht und die unglaubliche Familientragödie ganz eindrücklich in seinem Buch „Vom Glück nur ein Schatten“ beschrieben, das später vom ZDF unter dem Titel „Schicksalsjahre“ verfilmt wurde.

Meine Mutter hatte ein kleines Fotoalbum aus dem Jahr 1942 aufgehoben und gehütet wie ihren Augapfel. Die Familie lebte damals in Danzig, Wolfgang, der inzwischen von der Wehrmacht eingezogen worden war, war auf Heimaturlaub mit Ursel und den Kindern zusammen. Ihr erster und einziger gemeinsamer Urlaub. Eine anrührende Erinnerung mit winzigen schwarz-weiß-Bildern. Da waren Uwe und Bärbel zwei und drei Jahre alt.

Ihre Flucht ab 1945 führte sie über abenteuerliche Wege, entsetzliche Erlebnisse und mit unfassbar viel Glück von Danzig nach Rostock, schließlich von Hamburg im Jahre 1952 bis nach Mainz.

Ihre erste Bleibe, in der vom Krieg noch sichtbar gezeichneten Stadt, war im Hinterhof des Bahnhofviertels in einem auf Trümmern notdürftig errichteten Anbau. „Eine Tropfsteinhöhle“ wie meine Mutter immer erzählte.

Anschließend bezogen sie ein Zimmer in der Dominikanerstraße, die gesamte Familie in einem Zimmer, umgeben von einschlägiger Nachbarschaft im Rotlichtviertel.

Irgendwann durften dann auch noch meine Urgroßeltern aus Rostock aus der DDR ausreisen: Martha und Otti. Ticktack, wie wir Kinder unsere Urgroßmutter später nannten, war eine kleine, aber resolute Frau, die bei dem damaligen Sozialdezernenten Karl Delorme so lange und so unerbittlich vorstellig wurde, bis man ihr eine Zweieinhalbzimmer-Wohnung in der Josefsstraße 19 vermittelte. Da lebten sie dann zu fünft.

Es ist eine merkwürdige und kuriose Randerscheinung, dass Bärbel mit ihrer Alzheimer-Erkrankung ausgerechnet im Pflegeheim Bilhildis einen Platz bekam, gegründet von den Armen-Schwestern des Heiligen Franziskus, die schon 1927 ihrem Kloster ein Altenheim angliederten – und das in der Josefsstraße 51. Wer weiß, wie oft Bärbel schon als junges Mädchen am Bilhildis vorbeigelaufen ist.

Doch dazwischen lagen ereignisreiche Jahre mit einer damals noch leidlich unbekannten Mainzer Persönlichkeit. Kennen gelernt haben sich meine Eltern natürlich an Fastnacht, exakt am 10. Februar 1956. Kleine Anmerkung: Wer die Tanzleidenschaft meines Vaters kennt, es war ein Maskenball.

Wie schon bei Ursel und ihrem Wolfgang hatten es auch Bärbel und Herbert recht eilig, wenn auch nicht ganz so überstürzt. 1957 war die Verlobung, am 23. August 1958 die Hochzeit. Am 12. November 1959 wurde Ulrike geboren. 13 Monate später kam ich zur Welt.

Ein Flüchtling war sie und ein Glückskind. Aber Glück und Leid lagen bei ihr nun mal nah beieinander.

Wir werden dich sehr vermissen. Dein Lachen und dein Weinen, deinen Mut und deine Willenskraft, dein Engagement für die Schwachen, deinen Witz. Du konntest charmant und frech sein, forsch und kess. Du hast Geschichte mitgeschrieben und bliebst eigentlich immer im Hintergrund.

Als meine Schwester und ich in diesem Jahr den Hausstand An der Krimm auflösten und den Nachlass dem Kabarettarchiv übergaben, sahen wir all die Auszeichnungen und Ehrungen meines Vaters: Das Große Bundesverdienstkreuz am laufenden Band, die gedruckte Gutenbergplakette, irgendwas aus Rheingold, das silberne Stadtsiegel, die Bürgersäule, den Stern der Satire, den Mainzer Medienpreis und weiß ich was noch alles. Jeder einzelne Preis war völlig berechtigt. Nur das Bärbelsche hatte keine Auszeichnung. Dabei hätte sie wahrlich einen Orden verdient.

Immerhin hat ihr die unterhaus-Crew einmal das „vergoldete Brötchen am Brettchen“ überreicht. Für ihre fürsorgliche Versorgung der unterhäusler über mehrere Jahrzehnte.

Dabei war Bärbelschen immer wieder ehrenamtlich aktiv, also, neben ihren bekannten Therapiestunden, die sie ihren Freunden gab – sie half im Waisenhaus, später war sie im Förderverein des unterhauses aktiv, bei der Initiative Römisches Mainz, im Dombauverein, bei den Allerschönsten, der Bohnegard und sie war jahrzehntelang Mitglied der SPD, auch das eine soziale Leistung, sie war sogar Botschafterin bei der Johanniter Unfallhilfe und dort wesentlich am Aufbau der Ambulanten Kinderkrankenpflege beteiligt.

Eine, die all das mitbekam und all das zu würdigen weiß, ist Irene Zeuner, sie war die engste und langjährigste Freundin von Bärbel, der sie alles erzählen konnte auch in ihren schwersten Stunden.

Danksagen möchten wir allen, die Bärbel im Bilhildis besucht haben und nicht zuletzt dem Team der Station 5A im Gebäude 605 der Unimedizin in Mainz. Ihr habt unserem Bärbelschen einen würdigen Abschluss geschenkt.

Wenn man wie meine Schwester und ich elf Tage lang seine Mutter beim Sterben begleitet, fragt man sich unweigerlich: Haben wir an alles gedacht, bist du Bärbelschen im Reinen mit dir selbst und mit uns? Am vorletzten Tag hat sie mich dann über meine Lippen sprechen lassen – „Wenn du jemanden liebst, kannst du ihm am Ende alles verzeihen.“

Übrigens muss man damit nicht bis zum Ende warten.

Liebe Bärbel, freu dich auf ein Wiedersehen mit deinem geliebten Herbert auf Wolke 11. Er wird gewiss mit dir tanzen so wie er dich kennengelernt hat auf den Flügeln der Musik. Trage den Swing in den Himmel. Ich weiß, du kannst das…

Und wir nehmen drei Botschaften von Bärbel heute mit nach Hause.

Erstens: Wenn dir etwas am Herzen liegt, vertraue deinem Bauchgefühl.

Zweitens: Verzeihe dir selbst und anderen.

Und drittens, in Erinnerung an ihren letzten Wunsch: esst mehr Obstsalat und denkt dabei beim nächsten Mal ans Bärbelschen.

Vielen Dank

 

P.S. Bärbel Bonewitz starb am 16. September 2021 in der Unimedizin Mainz. Ihre Beerdigung fand am 23. September 2021 auf dem Waldfriedhof in Mainz-Gonsenheim statt. Hier wurde sie würdig und liebevoll verabschiedet. Die Trauerrede, die hier als Nachruf veröffentlicht ist, hielt ihr Sohn Michael Bonewitz.