Ein Mainzer Fastnachtsoriginal – Adolf Gottron zwischen Nationalsozialismus und Demokratie

Artikel, Bücher und Studien zur Fastnacht im Nationalsozialismus haben eher Seltenheitswert, und selbst in Rückschauen wird allzu gerne der Mantel des Schweigens über dieses düstere Kapitel deutscher Geschichte gelegt. Der Fastnachter und Historiker Peter Krawietz, der nicht nur Vizepräsident im Bund Deutscher Karneval, sondern seit vielen Jahren u.a. auch im Vorstand des Förderverein Mainzer Fastnachtsmuseum e.V. aktiv ist, hat sich mit der fastnachtlichen Historie von Adolf Gottron befasst. Die Ergebnisse hat er in einer Sonderausgabe der Mainz-Vierteljahreshefte „Ein Mainzer Fastnachtsoriginal – Adolf Gottron zwischen Nationalsozialismus und Demokratie“ auf 80 Seiten dokumentiert. Vorgestellt wurde die Publikation im Haus am Dom. Hier hatten Dr. Felicitas Janson für die „Akademie des Bistums Mainz – Erbacher Hof“ gemeinsam mit Gerd Ludwig für den „Förderverein Mainzer Fastnachtsmuseum e.V.“ und der Verleger Michael Bonewitz zur Vorstellung der Sonderausgabe eingeladen. Im gut gefüllten Saal skizzierte Peter Krawietz die Neuerscheinung, die sich mit dem fastnachtlichen Wirken des Mainzer Originals Adolf Gottron zwischen 1928 und 1979 auseinandersetzt. Gottron, 1908 geboren, war nach dem Zweiten Weltkrieg vor allem mit dem Mainzer Carneval Club (MCC) verbunden und avancierte durchaus zum Büttenstar, der trotz seiner unrühmlichen Nazivergangenheit als Demokrat zeitkritische Vorträge hielt.

In seiner Publikation dokumentiert Peter Krawietz u.a. Zeitungsberichte, Liederhefte und Vorträge von 1928 bis 1979, die gesammelt in fünf großen Ordnern zu Adolf Gottron im Mainzer Fastnachtsarchiv aufbewahrt werden. In seinem Editorial weist Krawietz darauf hin: „Was die Fastnacht in der Zeit des Nationalsozialismus betrifft, so konnte man jahrzehntelang den Eindruck haben, als seien die Mainzer Büttenredner Seppel Glückert und Martin Mundo die leuchtenden Vorbilder für alle anderen Redner als literarische Widerstandskämpfer der Mainzer Fastnacht gegen die Nazis gewesen. Dass dem leider nicht so war, sondern dass die Mehrheit der närrischen Streiter teils sehr angepasst, teils fanatisch dem Führer und seinem System huldigten und üble antiparlamentarische, antidemokratische und antisemitische Reden führten, wurde in jüngster Zeit auch wissenschaftlich belegt“.

Krawietz nimmt damit Bezug auf eine Tagung zur Mainzer Fastnacht im Nationalsozialismus. Sie fand 2019 in Zusammenarbeit zwischen dem Arbeitsbereich Zeitgeschichte an der Johannes Gutenberg Universität Mainz und der Katholischen Akademie des Bistums Mainz im Erbacher Hof statt (hierzu ist im Jahr 2020 auch ein Band im Peter Lang-Verlag erschienen „Die Fastnacht der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft“).

In Krawietz Dokumentation über Adolf Gottron geht es dem Autor nicht um Anklagen oder Verurteilungen, vielmehr will er das vorhandene Material öffentlich und zugänglich machen. „Wir dürfen gerade den nachfolgenden Generationen Tatsachen nicht vorenthalten, vielmehr sollten wir mit ihrer Hilfe die Vergangenheit aus der genaueren Kenntnis begreifen lernen und notwendige Schlussfolgerungen für die eigene Zeit und die Zukunft ziehen“, so Krawietz. Die Dokumentation enthält auf insgesamt 80 Seiten neben den Materialien über Adolf Gottron auch Vorträge seiner Zeitgenossen. Zum besseren Verständnis hat der Historiker Krawietz viele Erläuterungen zu Personen und Ereignissen ergänzt und auch eine Liste von damaligen Aktiven (1930 bis 1950) erstellt.

„Entstanden ist ein wichtiger Beitrag über ein Mainzer Fastnachtsoriginal zwischen Nationalsozialismus und Demokratie, das gerade durch seinen dokumentarischen Charakter teils schonungslos am Beispiel Gottrons aufzeigt wie zynisch und menschenverachtend die Zeit des Nationalsozialismus war, das aber auch erkennen lässt, wie ein Mensch, der als Soldat und durch seine Verwundungen ernüchtert wird – ohne seine Nazi-Vergangenheit zu leugnen – nach dem Krieg als Demokrat an Fastnacht zeitkritische Vorträge halten kann. Ein Kapitel deutsche Vergangenheit und ein Kapitel Mainzer Fastnacht, die wir nicht vergessen dürfen,“ so Gerd Ludwig, Initiator des Projekts und stellvertretend als Herausgeber des Förderverein Mainzer Fastnachtsmuseum e.V..

 

„Ein Mainzer Fastnachtsoriginal – Adolf Gottron zwischen Nationalsozialismus und Demokratie“ dokumentiert von Peter Krawietz. Herausgeber: Förderverein Mainzer Fastnachtsmuseum, erschienen als Sonderausgabe der Mainz Vierteljahreshefte im Verlag Bonewitz. Verkaufspreis 7,90 Euro. Zu beziehen über den Shop des Fastnachtsmuseums und im online-Shop des Verlags Bonewitz.

Publikation von Peter Krawietz dokumentiert dasn fastnachtliche Wirken von Adolf Gottron

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