Die Rückkehr der Autokinos und überall Masken

 

Liebe Babba im Himmel,

 

erinnerst du dich noch an Opa Emils Filmbühne?

 

Ja, das stimmt, das ist schon fast 100 Jahre her. Damals gab es noch ganz viele Kinos in Mainz. Allein in Gonsenheim waren es zwei. Unfassbar. Aber damals gab es ja auch noch keine Fernseher, kein Internet und kein Netflix.

 

Nein, nit fix, net flix. Also Net steht für Netz und Flix für, ähm für fix oder flugs, im Englischen halt flix.

 

Bei Netflix schaut man sich Filme und Serie an und muss dafür extra bezahlen.

 

Net schön, das stimmt, aber es heißt trotzdem Net flix. Das ist quasi wie Fernsehen im ZDF nur schneller geschnitten, also sehr flix.

 

Stimmt; so gesehen müsste eigentlich das ZDF „net flix“ heißen.

 

Wie auch immer, zu Opa Emils Zeiten hieß sein Kino Filmbühne, weil es tatsächlich auch eine Bühne neben der Leinwand gab. In der Stummfilmzeit spielte hier ein Orchester, um die Zuschauer in die passende Stimmung zu bringen. Und dein Opa Emil, der hatte Glück. Denn das Ensemble waren nämlich allesamt Familienmitglieder. Dein Onkel Heini spielte Schlagzeug, der Onkel Willy Piano.

 

Ja, genau, der Geiger war dein Papa, der Jupp, und ab und an holte man sich noch einen Cellisten mit ins Boot, besser gesagt ins Kino, das war der „Tränenzieher“, er war immer dann gefragt, wenn es melodramatisch wurde und die Liebesszene erschütterndes Ausmaß annahm. Und daran musste ich kürzlich denken.

 

Nein, nicht an die Liebesszene, an Opa Emil und seine Filmbühne. Zum einen, weil es für die Kinos momentan ziemlich dramatisch aussieht – wegen dem Corona-Virus, besser gesagt, seinen Auswirkungen. Denn die haben jetzt alle zu.

 

Nicht die Viren, die Kinos – eigentlich alle Bühnen, ob im großen Staatstheater oder auf der Kleinkunstbühne im unterhaus.

 

Ja, das ist unvorstellbar. Was sind Künstler ohne Bühne? Mal abgesehen, vom Geld, das sie nicht haben, jetzt haben sie noch nicht einmal mehr Applaus.

 

Aber einen Lichtblick gibt es. In Mainz hat jetzt ein Autokino aufgemacht. Während du einkaufen gehst, kannst du nun dein Auto im Kino abstellen. Da sieht man mal, was das Auto bei uns für einen Stellenwert hat.

 

Nein, das war ja nur ein Scherz, natürlich sitzt man noch mit im Auto. Man steht mit seiner Karosse quasi auf einem riesigen Parkplatz so im Halbrund und vorne dran ist eine gewaltige Leinwand aufgestellt. Da kann man dann Filme gucken.

 

Nein, eine Kinobestuhlung braucht man nicht, die hat man sozusagen im Auto mitgebracht. Den Ton hörst aus dem Radio. Man muss sich nur vorher auf die Frequenz einigen, sonst wird‘s lustig. Jedenfalls funktioniert es und die ersten Vorstellungen waren direkt ausverkauft. Bis auf den letzten Parkplatz. Keine Ahnung, warum der frei blieb.

 

Das A und O in diesen Tagen sind ja die Hygienevorschriften und so bringt jeder mit seinem Auto seinen blechernen Schutzanzug mit. Auf diese Weise bleiben die Viren und Bakterien, die man mitgebracht hat, immer schön im eigenen Auto.

 

Direkt neben der Leinwand im Autokino wollen sie jetzt auch noch eine Bühne aufbauen.

 

Ja stimmt, dann wird’s fast wieder wie bei Opa Emils Filmbühne. Vielleicht tritt da sogar mal ein Orchester auf, aber auch Bands und Kleinkünstler hätten endlich wieder eine Bühne.

 

Ja, ein Hupkonzert könnte es auch geben. Man darf nur nicht aus dem Auto aussteigen, weil ja sonst das Virus mitaussteigen könnte.

 

Als nächsten Kinofilm wollen sie übrigens „Die Maske des Zorros“ zeigen.

 

Du hast recht, aus heutiger Sicht wirkt das ziemlich bescheuert, denn er trägt ja die Maske vor den Augen.

 

Hm, vielleicht gab es damals ja auch einen gefährlichen Augenvirus, wer weiß. J

 

a und das Staatstheater will erstmals eine Operette im Freien aufführen: „Maske in Blau“. Genau, mit dem berühmten Song „Die Juliska, die Juliska aus Buda-Budapest“.

 

Wie du siehst, sind Masken in. Denn inzwischen müssen wir fast überall Masken tragen. Manche häkeln sich eine, andere wagen sich an Laubsägearbeiten. Es gibt sogar wahre Kunstwerke. Inzwischen auch biodynamische, aus linksdrehender Milchsäure hergestellte und auch fair gehandelte.

 

Und im Internet findet man jede Menge Anleitungen, nach dem Motto „Wie nähe ich mir eine Maske“ mit wenigen Stichen. Inzwischen kann man sogar Masken ohne Stich herstellen, also ohne dass man nähen muss.

 

Keine Ahnung, wie das geht, vielleicht durch Morigami, die Kunst des Maskenfaltens.

 

Meine Frau, also deine Schwiegertochter, also die Sabine, die hat sich ja schon immer gerne maskiert und sie hat neulich eine Anleitung gefunden, wie man Masken alleine durch Bügeln herstellen kann. Echt verblüffend.

 

Aber ganz wichtig dabei, man sollte nicht mehr bügeln, wenn man die Maske bereits im Gesicht trägt. Das könnte schmerzhaft werden.

 

Als nächstes hat sie mir dann meine T-Shirts zerschnitten und gestern hat sie aus meinen alten Socken mit wenigen Scherenschnitten eine Maske erstellt. Die passt erstaunlich gut, allerdings muss man aus Sicherheitsgründen unter der Sockenmaske einen Nasenschutz tragen.

 

Und man wird in nächster Zeit mehr Menschen sehen, die mit barfüßigen Füßen in Schuhen herumlaufen, aber dafür die Socken im Gesicht tragen. Es sind schon merkwürdige Zeiten.

 

Sag mal, tragt ihr im Himmel auch Masken?

 

Was? Statt Schutzmasken habt ihr Schutzengel.

 

Oh, das klingt aber toll. Und was machen die?

 

Singen, musizieren und über den Dingen schweben…

 

Ein guter Ansatz, das sollten einige bei uns auf der Erde auch mal beherzigen.

 

Denn glaub mir, wir haben hier unten ganz schön übermächtige Probleme.

 

So, für heute lass ich‘s mal gut sein. Ich melde mich wieder bei dir. Lass es dir gut gehen und grüß da oben deinen Chef von mir – hier unten steht immer noch alles kopf.

 

Dein Bubsche