Wolke 11– Wie neu ist die neue Normalität?

Lieber Babba im Himmel,

 

gibt es bei euch denn was neues?

 

Also bei uns schon – das fängt schon mit der Normalität an.

 

Normalerweise ist die Normalität ja eigentlich ganz normal, aber gerade jetzt ist sie nicht normal, sondern neu.

 

Das sagen zumindest die Politiker. Eine neue Normalität.

 

Die Frage ist nur, was genau damit gemeint ist. Aktuell befürchten viele Experten, dass durch die Folgen von Corona die Armen immer ärmer und die Reichen immer reicher werden. Und diejenigen, die viel Geld haben, können auch ihre Kinder besser ausbilden lassen als sogenannte bildungsferne Schichten.

 

Hm, ob das allerdings neu ist, wag ich ja zu bezweifeln?

 

Neu ist aber offenbar, dass die Gastronomen und viele Einzelhändler um ihre Existenz fürchten müssen.

 

Gut, ob das wirklich neu ist? Ich habe da eher den Eindruck, dass Corona die Probleme, die viele schon lange hatten, nur deutlicher zutage fördert. Und vor allem schneller. Corona ist so eine Art Beschleuniger.

 

Neu ist offenbar, dass nun viel mehr Menschen und auch Unternehmen vom Staat finanziell unterstützt werden müssen. Also der Staat gibt uns allen einen Kredit – und holt sich das Geld dann über die nächste Steuererklärung oder über eine spätere Steuererhöhung einfach wieder zurück.

 

Gut, richtig neu klingt das auch nicht.

 

Aber neu und das ist jetzt wirklich neu, dass sie den Soli abschaffen wollen – den Solidaritätszuschlag für den Aufbau Ost.

 

Ja, das klingt gut, nicht wahr. Aber dafür wollen sie demnächst den Cosoli einführen, den Corona-Solidaritätszuschlag.

 

Nein, der soll nicht so hoch bemessen sein, wie der Soli, so ein Quatsch, nein, der soll noch höher sein. Ja, wie soll das denn sonst alles bezahlt werden?

 

Das ist die neue Normalität.

 

Aber man kann das ja positiv oder negativ sehen.

 

Fest steht für mich jedenfalls: Die Bescheuerten werden noch bescheuerter. Das Tröstliche daran, die meisten Bescheuerten waren schon immer bescheuert, in der Regel ist es nur nicht so aufgefallen. Da gibt es zum Beispiel diesen veganen Koch, Attila, heißt er, den Nachnamen hab ich wieder vergessen.

 

Nein, nicht der Hunnenkönig, der kam ja aus Ungarn.

 

Ja, du hast recht, genau wieder der Orbán. Der ist ja auch bescheuert, sagen zumindest viele.

 

Also zurück zum Attila... Das Verblüffende ist ja, wer sich nicht gerade mit veganer Küche beschäftigt hat, der kannte den Typen gar nicht. Manche Politologen glauben daher, dass er ganz gezielt eine Art Wut-PR betreibe, um populärer zu werden.

 

Schon 2015 warnte Attila vor der Integration von Flüchtlingen in Deutschland und setzte sich lieber für eine grenzenlose Tierliebe ein. Klingt schon ziemlich absurd.

 

Zwei Jahre später hat er einer Journalistin mit einer Pumpgun gedroht, weil sie seinen Imbiss in einem Testbericht negativ besprochen hat. Seit Corona hat er jedenfalls den totalen Durchblick. Er ist sich sicher, dass Bill Gates eine Zwangsimpfung der Weltbevölkerung will, dass ihn Tempelritter überwachen und dass Aliens das Berliner Trinkwasser vergiftet haben – oder war es andersherum? Dass Aliens Bill Gates zwangsimpfen wollen, er selbst das Trinkwasser vergiftet hat, um die Weltbevölkerung von Tempelrittern überwachen zu lassen.

 

Wie auch immer. … vielleicht wäre das alles nicht passiert, wenn er ab und zu mal ein Stück Fleischwurst gegessen hätte.

 

Aber neu sind solche Verschwörungstheoretiker nicht. So gibt es immer noch Menschen, die glauben, die Erde sei eine Scheibe. Tatsächlich existiert da eine Facebook-Gruppe mit über 200.000 Mitgliedern, die alle behaupten, die Erde sei flach. Sie berufen sich auf einen Samuel Rowbothan, der 1816 in London geboren wurde, der übrigens aus Prinzip nie runde Brötchen gegessen hat, sondern immer nur Scheiben Weißbrot.

 

Ja, du hast recht, es gab auch mal einen Charles Johnson, der Präsident der Flat-Eearth-Society war, und ja, das könnte durchaus ein Vorfahre von Boris Johnson sein.

 

Jedenfalls sind die Flach-Erdler, wie sie sich nennen, inzwischen sehr verunsichert.

 

Nein, nicht wegen der vielen Fotos aus dem Weltall, die eindeutig zeigen, dass die Erde eine Kugel ist. Von wegen, für einen wahren Flach-Erdler sind das alles Fälschungen. Nein, die haben ein anderes Problem. Offenbar sind unter den 200.000 angeblichen Anhängern inzwischen mehr als die Hälfte Satiriker und Comedians, die die absurdesten Theorien vertreiben. Jetzt wissen die selbst nicht mehr, an was sie eigentlich glauben und was vermeintlich ernst gemeint ist oder Satire.

 

Wie das Leben so spielt. Über die armen Flach-Erdler werden jetzt lauter Flachwitze gemacht und sie merken es noch nicht einmal.

 

Vielleicht ist das sogar die effektivste Methode mit Verschwörungstheorien umzugehen.

 

Lachen als Strategie.

 

Wo waren wir eigentlich stehen geblieben? Ach ja, die neue Normalität.

 

Jedenfalls finde ich, dass es auch viele schöne Entwicklungen gibt, trotz oder auch wegen Corona. Es ist nicht unbedingt neu, aber es bekommt eine neue Dimension.

 

Menschen, die anderen helfen. Menschen, die anderen danken. Menschen, die achtsamer sind. Viele lassen sich mehr Zeit füreinander und miteinander. Es gibt Menschen, die die Natur genießen und wieder entdecken. Menschen, die dem Alltagstrott entspringen und eine neue Menschlichkeit leben. Ja, manche entdecken sogar ihre Familie ganz neu.

 

Es gibt viele rührende und anrührende Momente, die Hoffnung machen.

 

Wenn das die neue Normalität wird, wäre es schön.

 

Wir müssen ihr nur mehr Raum geben und nicht jedem Flach-Erdler eine riesige Plattform bieten, wo er seine kruden Theorien verbreiten kann.

 

Du hast recht, das wäre eine himmlische Botschaft.

 

Aber bis es so weit ist, stehen wir hier auf der Erde immer wieder vor neuen Herausforderungen.

 

Für heute lass ich‘s mal gut sein. Ich melde mich wieder bei dir. Lass es dir gut gehen und grüß da oben deinen Chef von mir – hier unten steht immer noch alles kopf.

 

Dein Bubsche