Lösungsansätze fürs unterhaus und die Straßenfastnacht.

 

Lieber Babba im Himmel,

 

ich weiß ja nicht, ob ihr da oben auch Feste feiert? Bei uns jedenfalls wurden alle Großveranstaltungen erstmal abgesagt. Das heißt, es gibt auch kein Johannisfest in diesem Jahr.

 

Ja, stimmt, dann wird es auch kein Gautschen geben, oder man taucht die Jünger Gutenbergs direkt in Desinfektionsmittel. Das nennt man dann Gautschen à la Trump.

 

Ich bin immer wieder erstaunt, wie schnell doch die Zeit vergeht. Eben war noch Fastnacht, dann kam Corona und jetzt nähern wir uns schon wieder dem Johannisfest.

 

Richtig, da ist dann auch die Sommersonnenwende. Der längste Tag und die kürzeste Nacht. Danach gehen wir mit großen Schritten auf Weihnachten zu.

 

Und ja, das stimmt auch, ab dem Johannisfest gibt es keinen Spargel mehr.

 

Sag mal, woher weiß eigentlich der Spargel, dass er nicht mehr geerntet werden soll?

 

Was sagst du? Wegen der Kirschen? Was haben denn jetzt Kirschen mit dem Spargel zu tun?

 

Ach so, eine alte Bauerregel sagt: Kirschen rot, Spargel tot.

 

Klingt zwar etwas martialisch, ist aber leicht zu merken. Ich sag mir immer: Iss deinen ganzen Spargelrest – nur bis zum Johannisfest. Geht auch.

 

Wie habt ihr den Tag früher genannt?

 

Spargelsilvester, auch nicht schlecht. Eigentlich ein Grund zum Feiern – aber, das geht ja nicht. Viele Künstlerinnen und Künstler sind ohnehin schwer in Sorge, ob man überhaupt noch in großen Menschenmengen feiern kann. Aber auch in kleinen Mengen wird es schwierig, denk doch mal ans unterhaus. Wie wollen die in diesem kleinen Keller 300 Menschen auf engstem Raum coronafrei zusammenbringen?

 

Du bist ja oft genug im unterhaus aufgetreten. 1975 das erste Mal mit deinem Programm ein „Narr packt aus“. Da war was los. Und ab dann war jede Vorstellung von dir ausverkauft. Das ist jetzt 45 Jahre her. Wahnsinn. Heute wäre so was gar nicht mehr möglich. Oder es müssten alle Zuschauer mit Masken in deinem Programm sitzen. Gut, du könntest natürlich ausschließlich vor Ärzten und Krankenschwestern spielen, die sind das Maskentragen gewohnt.

 

Was schlägst du vor?

 

Das unterhaus soll seine Vorstellungen in ein Flugzeug verlagern? Die stehen ja momentan ohnehin überall herum.

 

Du hast recht, das Raumangebot wäre ähnlich und zumindest gibt es im Flugzeug eine funktionierende Klimaanlage, ein völlig neues Gefühl für Künstler und Zuschauer. Das unterhaus mit einem gut durchlüfteten Programm. Übrigens filtern ja die Flugzeuge die Luft auch noch mit einem bestimmten Unterdruck, da soll die Luft dann so sauber sein wie in einem klinischen Operationssaal. Die AZ könnte dann titeln: Saubere Satire mit Unterdruck.

 

Außerdem passen in so einen Airbus ja auch so zwischen 300 und 400 Passagiere und Passagierinnen. Also fast so wie im unterhaus. Es wäre zumindest eine Überlegung wert. Das Cockpit wird zur Künstlergarderobe und wo die Stewardess sonst die Sicherheitshinweise gibt, da steht dann der Künstler. Also mit kleineren Umbauten müsste sowas möglich sein. Die Frage ist nur, wie kriegt man das Flugzeug zum unterhaus?

 

Also, ein guter Pilot könnte vielleicht auf dem Schillerplatz landen, schnell die Flügel abschrauben und die übrig gebliebene Kabine in die Münsterstraße schieben. Über dem Parkhaus Schillerplatz ist ja eigentlich genug Platz für so ein Flugzeug-Torso. Außerdem wäre das für Mainz ja auch eine tolle Touristenattraktion.

 

Gut, der Name unterhaus würde nicht mehr ganz so passen, aber vielleicht könnte man die Bühne dann oberhaus im unterhaus nennen. Ich seh schon die Plakate vor mir. Tobias Mann mit seinem neuen Soloprogramm – zum Abheben komisch. Oder so ähnlich.

 

In den Pausen schiebt dann Gianluca mit seiner Crew die Bordbar durch den Kabinengang – da gibt’s dann Schmalzbrot, Weck, Worscht und Woi. Und der neue Chef vom unterhaus heißt doch auch: Stephan Denz-Air.

 

Also gut, für das unterhaus mitsamt oberhaus haben wir schon mal einen Rettungsansatz.

 

Aber du warst ja nicht nur Kabarettist, sondern auch Karnevalist. Und in der Zeitung standen neulich Artikel, ob denn Fastnacht überhaupt noch stattfinden kann.

 

Du hast recht, stattfinden wird Fastnacht in jedem Fall.

 

Man weiß eben nur noch nicht wie? Also, Sitzungen in der Gonsenheimer Turngemeinde mit eineinhalb Meter Abstand, das wird lustig. Wenn die Schnorreswackler auftreten, sind dann ja mehr Leute auf der Bühne als im Zuschauerraum. Und wie wollen die Zuschauer schunkeln?

 

Wahrscheinlich muss dann jeder seinen Regenschirm mitbringen und hakt sich dann beim Nachbar-Regenschirm ein. In so einem Fall würde der Name Schirmherr auch wirklich mal Sinn machen.

 

Aber auch die Straßenfastnacht wird eine echte Herausforderung.

 

Was sagst du, man sollte die Straßenfastnacht von der Firma REWE oder Edeka sponsern lassen?

 

Ja, warum das denn?

 

Ah, gute Idee, du meinst, dann bekommt jeder einen Einkaufswagen, damit er den Sicherheitsabstand einhalten kann.

 

Ja, und praktischerweise kann man auch noch mitgebrachte Sachen in den Einkaufskorb legen – zum Beispiel Essen und Trinken oder ein Kostüm zum Wechseln. Richtig – vor allem kann dann jeder seinen Müll in den Einkaufswagen werfen, das schont die Umwelt und die Entsorgungsbetriebe der Stadt haben weniger Arbeit.

 

Die Teilnehmerzahl ergibt sich dann automatisch aus der Anzahl der Einkaufswagen. Wer keinen Einkaufswagen hat, darf halt nicht auf die Straße.

 

Also ich würde mal sagen, die größten Probleme für die kommende Kampagne haben wir damit ja schon mal gelöst.

 

Jetzt noch mal zurück zu meiner Eingangsfrage: Feiert ihr da oben eigentlich auch große Feste?

 

Was sagst du: zum Beispiel das Engelfest. So eine Art Happening mit den himmlischen Heerscharen.

 

Das klingt spannend.

 

Du meinst, das wär dann so ein bisschen wie Fastnacht im Himmel, nur dass sich eben alle als Engel verkleidet hätten.

 

Und wo feiert ihr das?

 

In Engelland – ach, du lieber Gott, das erinnert mich wieder an unserer irdischen Zustände.

 

Denn hier auf der Erde stehen wir immer noch vor existentiellen Herausforderungen.

 

Für heute lass ich‘s also mal gut sein. Ich melde mich wieder bei dir. Lass es dir gut gehen und grüß da oben deinen Chef von mir – hier unten steht immer noch alles kopf.

 

Dein Bubsche